Guter Unterricht
Netter Lehrer = guter Lehrer?
Die Schüler hängen an seinen Lippen, nehmen seine Anregungen begeistert auf, lassen sich inspirieren und verfolgen seine Ideen sogar in ihrer Freizeit weiter: Wer hätte nicht gern einen solch liebenswerten Lehrer?
Netter Lehrer = guter Lehrer? Diese Gleichung stimmt oft, denn wer die Sympathien der Schüler hat, tut sich als Lehrer leichter. So zeigen Studien, dass Schüler, die das Gefühl haben, von ihren Lehrern geliebt zu werden, besser lernen. Und auch umgekehrt birgt ein angenehmes Klima Vorteile: Humorvolle Lehrer leiden seltener unter Stress als andere.
Eine hollywoodreife Performance ist aber nicht nötig, um guten Unterricht zu halten. Wissenschaftler haben nachvollziehbare Kriterien für Qualitätsunterricht erarbeitet, die jeder Lehrer einsetzen kann. Auch wer keine Stimmungskanone ist, vermittelt Wissen effektiv, wenn er einige Regeln beachtet. „Lehrer können lernen, besser zu unterrichten“, sagt beispielsweise Hilbert Meyer, Professor für Schulpädagogik an der Universität Oldenburg und Autor des Buches „Was ist guter Unterricht?“
Glücksmomente für Lehrer und Schüler
Doch wie definiert man „guten Unterricht“ genau? Am besten an seinen Ergebnissen. Meyer erklärt: „Die Schüler erzielen hohe fachliche Leistungen, sie entwickeln Methodenkompetenz und erwerben sozialkommunikative Fähigkeiten.“ Das sei aber noch nicht alles: „Zum guten Unterricht gehört für mich auch, dass er den Schülern eine sinnstiftende Orientierung liefert und demokratische Verhaltensweisen einübt.“
Oft deuten schon ganz simple Beobachtungen auf guten Unterricht hin: Wenn das Klingeln am Ende der Stunde ungehört verhallt, stehen die Chancen nicht schlecht, dass die Schüler intensiv bei der Sache sind. Das Lernen bringt ihnen Spaß, weil sie mitfiebern, Erfolgserlebnisse haben und sich daran freuen, etwas gelernt zu haben. Das sind Glücksmomente für Lehrer und Schüler.
Persönliche Note
Die Wege, die dahin führen, sind unterschiedlich. Erfolgreiche Lehrer mischen und gewichten die charakteristischen Merkmale guten Unterrichts nach persönlichen Vorlieben. Wer an einem zu starren, allgemein gültigen Konzept festhält, liefert dagegen eher Mittelmaß: „Durchschnittlicher Unterricht ist im Hinblick auf seine methodische Gestaltung erstaunlich konform. Die vorhandenen Freiräume werden nur wenig genutzt“, sagt der Pädagoge Hilbert Meyer. Er ermutigt Lehrer, ihren Stunden „ein jeweils individuelles Profil“ zu geben.
Mehr zu wagen, empfehlen auch andere Forscher. So hat die Bochumer Pädagogin Grit im Brahm in ihrer Doktorarbeit über das Lernen in sehr großen und kleineren Klassen festgestellt: Die Vorteile, die eine kleine Gruppe bieten könnte, nutzen Lehrer viel zu selten aus (siehe Interview „Die Vorteile kleiner Klassen“). Deshalb, glaubt sie, lernen Schüler in kleinen Klassen meist nicht mehr als in großen. Wissenschaftliche Erkenntnisse bilden nur eine Richtschnur, doch umsetzen müssen diese Ideen immer noch die Lehrer im Klassenzimmer jeden Tag aufs Neue. Dass das nicht einfach, aber oft lohnend ist, bestätigt Hilbert Meyer: „Guter Unterricht erfordert mehr Arbeit, aber er ist dann auch deutlich befriedigender. Schlechter Unterricht bedeutet wenig Arbeit. Aber man kann auch keinen Honig daraus saugen.“
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