Glaube an den Osterhasen tut dem Kind gut

Dürfen Eltern ihren Kindern ins Gesicht flunkern und ihnen die Mär vom Osterhasen aufbinden? Auf jeden Fall, meinen Psychologen. Mit zu viel erwachsener Vernunft wird man schnell zum Spielverderber.

Von Barbara Driessen

Am 8. April ist es wieder soweit: Ostersonntag wachen Millionen deutscher Kinder auf, um sich erwartungsvoll auf die Suche nach bunten Ostereiern zu machen. „Der Osterhase kommt immer nachts, und wenn wir dann morgens aufwachen, sind im Garten ganz viele Schoko-Eier versteckt, so in den Blumen drin“, freut sich der vierjährige Lennart aus Köln schon. Warum gerade der Hase zum Eierlieferanten wurde, dafür gibt es unterschiedliche Erklärungen. So gilt das sehr fortpflanzungsfreudige Tier etwa als ein Symbol für Fruchtbarkeit, was zur erwachenden Natur passt.


Doch schon 1682 kamen dem Heidelberger Medizinprofessor Georg Franck von Franckenau arge Zweifel an diesem wunderlichen Brauch. In seinem Werk De Ovis Paschalibus – Von Oster-Eyern schrieb er: „Man macht einfältigeren Leuten und kleinen Kindern weis, diese Eier brüte der Osterhase aus und verstecke sie im Garten, im Gras, im Gebüsch und so weiter, und man will sie von den Buben suchen lassen zum erheiternden Gelächter der Älteren.“

Vertrauen enttäuschen?

Wie sollen sich Eltern in der heiklen Hasenfrage verhalten: Die Täuschungsversuche mitmachen oder dem Nachwuchs die Illusion vom Hasen nehmen? „Der kindliche Glaube an Fantasiegestalten ist durchaus gut für die kognitive Entwicklung“, sagt die Psychologin Jacqueline Woolley von der Universität von Texas in Austin, die seit Jahren auf diesem Gebiet forscht. „Das regt die Fantasie an und lässt Kinder Möglichkeiten erwägen, die in der realen Welt nicht existieren“.

Nach Ansicht von Ute Bayen von der Universität Düsseldorf sollten Eltern genau darauf achten, was ihre Kinder gern glauben wollen: „Wenn sich alle Spielgefährten im Kindergarten auf den Osterhasen freuen, dann ist es schon schade für ein Kind, wenn es zu Hause zu hören bekommt: Den gibt es doch gar nicht“, sagt die Psychologin. Die kindliche Begeisterung solle nicht gedämpft werden, findet sie.


Eltern gelten als glaubwürdig

Mit etwa drei Jahren beginnen Kinder, an Fantasiewesen wie den Osterhasen oder das Christkind zu glauben. Wenn dann auch noch die Eltern behaupten, der Hase habe die Eier gebracht, nehmen Kinder ihnen das in der Regel ab. Denn Eltern gelten als glaubwürdige Quelle.

Doch das birgt nach Ansicht Bayens auch Risiken: „Hier ist das Vertrauensverhältnis gefährdet. Denn die Kinder könnten enttäuscht sein, wenn ihnen klar wird, belogen worden zu sein.“ Sie rät Eltern deshalb, sensibel mit dem Thema umzugehen: Wenn Kinder anfangen zu zweifeln, dann sollte man kritische Fragen unterstützen, etwa solche wie: „Kann ein so kleiner Hase denn wirklich so viele große Eier tragen?"


Das hört von allein auf

Jacqueline Woolley empfiehlt, in solchen Momenten die Frage umzudrehen und das Kind erzählen zu lassen, was es denn glaube. Ihrer Erfahrung nach erreicht der Glaube an den Osterhasen ohnehin nie die Intensität, die etwa der Glaube an den Weihnachtsmann hat, der kulturell tiefer verankert sei: „Deswegen kommen beim Osterhasen auch viel früher Zweifel auf.“ Sie findet es völlig in Ordnung, wenn Eltern den Hasen spielen, solange es allen Freude bereitet. „Aber wenn nicht, ist das genauso in Ordnung. Kinder können ihre Fantasie auch auf andere Weise zur Entfaltung bringen.“

Auch der Kinder- und Jugendpsychiater Gerd Lehmkuhl von der Uniklinik Köln meint, dass der Glaube an den Osterhasen von ganz allein aufhört, schon allein deswegen, weil sich die Kinder im Freundeskreis oder in der Schule austauschten: „Kinder merken doch, dass es das nicht gibt – sie hoffen aber trotzdem, dass der Hase kommt und Eier bringt.“


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